geschrieben
für meinen Sohn Kai 1996
Kai lag in seinem Bett und kuschelte sich in seine weichen Kissen.
Er stellte sich vor, es wären weiße wunderschöne Wolken. Kai schaute
auf die Uhr. Du meine Güte, es war ja schon 22 Uhr 30, und doch war
es draußen noch so hell, als ob jemand tausend Laternen angezündet
hätte.
Vorsichtig schlich er sich an das Fenster und blickte auf
den großen, runden Mond, dessen Strahlen die Bäume,
Sträucher und Wiesen in eine silberne Decke hüllte. Überall
glitzerten die kleinen Tautropfen wie die vielen, vielen
Sternchen am Himmel.
Was war denn das? Da bewegte sich doch etwas?
Tatsächlich, ein kleines, silbernes Häschen hoppelte mitten
durch den Garten. Es richtete sich auf und saß auf den
Hinterbeinchen. Die kleinen Ohren bewegten sich aufgeregt
hin und her und das kleine Näschen hielt es aufmerksam
schnuppernd in die Luft.
"Oh", dachte Kai, "wenn ich doch nur das Häschen
haben könnte, dann hätte ich immer etwas zum Kuscheln und
Lieb haben. Aber bestimmt gehört dieses Häschen dem Mond!"
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Ganz leise zog Kai sich seine Schuhe an und öffnete die Tür. Ein
bisschen Angst hatte er ja schon, aber er musste ganz nah an das
Häschen herankommen. Vorsichtig näherte sich Kai der Wiese. Ob das
Häschen wohl noch da war? Ja, da saß es und mümmelte vor sich hin.
Das Fell sah silbergrau und watteweich aus. "Ich möchte es
so gerne streicheln", dachte Kai. Langsam streckte er die Hand aus.
Noch 10 Zentimeter, noch 5, noch 3...da machte das Häschen einen
Sprung zur Seite und duckte sich in das feuchte Gras.
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Plötzlich wurde es stockdunkel. Eine dicke schwarze Wolke
schob sich vor den Mond. Kai wurde es mulmig zumute.
"Jetzt ist der Mond böse mit mir, weil ich sein Häschen
anfassen wollte", dachte er.
Schnell lief er wieder ins Haus. Fix zog er sich die Schuhe
aus, huschte in sein Bettchen und zog sich die Decke über
den Kopf. Lange dachte er noch an das Häschen und sah es
sogar im Traum.
Am nächsten Tag, beim Frühstück, erzählte Kai aufgeregt
seinen Eltern das Erlebnis der vergangenen Nacht. Er
bemerkte, dass sich Mama und Papa heimlich zuzwinkerten. Was
hatte das denn nun wieder zu bedeuten? Ob sie sich eine
Überraschung ausgedacht hatten?
Denn bald war Kai's Geburtstag. |
Jeden Abend vor dem Schlafen gehen schaute Kai aus dem Fenster, ob
das "Mondhäschen" wohl wieder da war. So hatte er es nämlich
inzwischen genannt. Schade, es kam nicht mehr wieder.
„Morgen habe ich Geburtstag", jubelte Kai. Aufgeregt konnte er kaum
einschlafen. Er träumte von einem Schokoladenkuchen mit viel, viel
Sahne und vielen großen und kleinen Päckchen. Sanft weckte
ihn die Mama am nächsten Morgen. "Guten Morgen, Geburtstagskind,
schau, was wir heute morgen vor der Tür gefunden haben!"
So schnell war Kai noch nie aus dem Bett gekommen. Was war
das nur für ein seltsames Paket? Es war groß und rund und
sah aus wie...ja, wie der Mond...! Vorsichtig öffnete er die
kleine Klappe an der Seite. Es war dunkel in dem Paket. Kai
konnte nicht hinein sehen. Leise raschelte etwas; das Paket
bewegte sich. erschrocken zog Kai seine Hand zurück. Was
mochte da nur drin sein?
Da...! Eine kleine Nase war zu sehen. neugierig schnuppernd
wagte sich ein niedliches silbergraues Häschen aus dem
großen Mondpaket hervor.
"Das Mondhäschen, das Mondhäschen!", jubelte Kai und hüpfte
von einem Bein auf das andere. Wie hübsch es war. Es hatte
silbern glänzendes Fell, silbern wie die Mondstrahlen und
himmelblaue Augen. Ja, dieses Häschen war etwas Besonderes.
Glücklich nahm Kai das Häschen auf den Arm. Jetzt war er
nicht mehr allein und hatte einen guten Freund, dem er alle
Geheimnisse erzählen konnte.
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An diesem Abend stand er lange am Fenster. Der Mond sah etwas
traurig aus, er war nur halb zu sehen. Kai machte das Fenster auf
und rief ganz laut: "Danke. lieber guter Mond. Sei nicht traurig,
dem Häschen wird es immer gut gehen und du kannst es ja jede Nacht
besuchen!" Heute war Kai aber wirklich müde. Nachdem er
seinem Eltern gute Nacht gesagt hatte, schlief er zufrieden und
glücklich ein. Der Mond schaute noch einmal in das Kinderzimmer,
seine Strahlen streichelten Kai und das Häschen, dann deckte er sich
mit einer Wolke zu und schlief einer neuen Nacht entgegen.
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