Die Innu schnitzen einzigartige und schöne Figuren, besonders Menschen, Tiere, Vögel, Fische, und übernatürlichen Zeichen, die sie mit leuchtenden Farben malten. Für Totempfähle wurden die höchsten Bäume,die rote Zeder, ausgewählt. Ebenso wurden sie für Landmarken verwendet, sowie zur Veranschaulichung der Legenden, die von Generation zu Generation erzählt werden.
An einem dieser Totempfähle war ein beeindruckender Rabe geschnitzt, aber er hatte keine Schnabel!
Der Rabe war in Alaska kein gewöhnlicher Vogel. Er hatte bemerkenswerte Kräfte und konnte sich in jede beliebige Gestalt, die er wollte, verwandeln. Er konnte sich von einem Vogel in einen Mann verwandeln und konnte nicht nur fliegen und gehen, sondern auch unter Wasser so schnell wie die Fische schwimmen.
Eines Tages nahm der Rabe die Form eines kleinen, gebeugten alten Mannes an und ging durch den Wald. Er trug einen langen weißen Bart und ging langsam. Nach einer Weile wurde der Rabe hungrig. Als er darüber nachdachte, kam er an den Rand des Waldes,in die Nähe eines Dorfes am Strand.
Dort waren viele Fischer, die gerade Heilbutt fingen.
Blitzschnell überlegte sich der Rabe einen Ausweg. Er tauchte ins Meer und schwamm zu der Stelle, wo die Fischer ihre Angeln auswarfen. Der Rabe frass einen Köder nach dem anderen. Jedes Mal, wenn der Rabe an dem Köder zog, dachten die Fischer sie hätten einen dicken Fisch an der Angel. Doch wenn sie die Leinen einzogen, gab es weder Fisch noch Köder.
Doch der Rabe nutzte diese List einmal zu oft. Als Houskana, ein Profi-Fischer, den Ruck an der Leine verspürte, holte er sie schnell ein. Es ging etwas schwer, denn der Haken hatte sich im Kiefer des Rabens verfangen . Während Houskana an seiner Leine zog, zog der Rabe in die entgegengesetzte Richtung.
Der Rabe packte einige Steine vom Boden des Meeres und rief: "Oh Felsen, bitte hilf mir!" Aber die Felsen achteten nicht darauf.
Wegen seiner großenen Schmerzen, sagte Rabe zu seinem Kiefer, "Brich ab, oh Kiefer, denn ich bin zu müde." Sein Kiefer gehorchte, und er brach ab.
Houskana zog sofort an seiner Leine. An seinem Haken war ein Kiefer eines alten Mannes mit einem langen weißen Bart! Es sah schrecklich genug aus, um jemanden zu erschrecken. Houskana und die anderen Fischer waren sehr erschrocken, weil sie dachten, der Unterkiefer könnte nur zu einem bösen Geist gehören. Sie nahmen ihre Beine in die Hand und rannten so schnell sie konnten zum Haus des Häuptlings.
Der Rabe kam aus dem Wasser heraus und folgte den Fischern, obwohl er große Schmerzen hatte, weil sein Unterkiefer weg war. Niemand bemerkte etwas, weil er den unteren Teil seines Gesichts mit seiner Decke bedeckte.
Der Häuptling und die Menschen im Dorf untersuchten den Kiefer, der auf dem Heilbutthaken hing. Er wurde von einem zum anderen übergeben und schließlich auch zum Raben, der sagte: "Oh, schaut nur. Ein Wunder!" indem er die Decke weg warf und seinen Kiefer wieder einsetzte.
Der Rabe zauberte so schnell, dass niemand Zeit hatte, um zu sehen, was los war. Sobald der Kiefer wieder an seinem Platz fest war, verwandelte er sich in einen Vogel und flog durch den Kamin aus dem Haus des Häuptlings. Erst jetzt begannen die Leute zu verstehen, dass es der alte Betrüger, der Rabe, war, der ihre Köder gestohlen hatte und sich in der Angelschnur von Houskana verhakt hatte.
Auf dem Totempfahl wurde der Rabe geschnitzt, nicht als der alte Mann, sondern als er selbst, ohne den Schnabel. Zur Erinnerung, wie der alte Mann seinen Unterkiefer verlor.
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indianische Geschichte, frei von Generation zu Generation überliefert
Raben-Bild © Jutta Nowack / PIXELIO
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